Doch es geht auch anders. Anfang des 19. Jahrhunderts machte sich der Legende nach ein Handelsschiff auf eine monatelange Reise mit Kurs Westindische Inseln. An Deck lagerten unter anderem auch einige Holzfässer, befüllt mit Aquavit. Am Ziel angekommen, fanden sich dafür allerdings nicht ganz so viele Käufer wie erwartet. Zwangsläufig segelten einige Fässer also mit der Mannschaft ein zweites Mal über den Äquator – in Norwegen auch Linie genannt – zurück in den Heimathafen. Und siehe da: Als der Schnapsbrenner eines der Fässer öffnete und den «liegengebliebenen» Aquavit probierte, staunte er nicht schlecht. Er war um Klassen besser geworden! Deutlich feiner, runder und weicher im Geschmack. Anscheinend hatte ihm die doppelt so lange Reise richtig gutgetan, stetig dem wechselnden Wetter bei unterschiedlichen Temperaturen, dem starken Wind und der salzhaltigen Luft ausgesetzt und durch den Wellengang immer in Bewegung.
Seither wird der Aquavit einer norwegischen Firma in alten Sherryfässern oder anderen Eichenfässern ausgebaut und nach wie vor auf dem Meer zur Reife gebracht. Es sollen ständig mindestens 1000 Fässer der «Linie Aquavit» auf hoher See unterwegs sein. Die Details der Reise mit Abfahrts- und Ankunftsdatum kann man auf der Innenseite des Etiketts nachlesen.
Ursprünglich war der Aquavit wohl bereits im 17. Jahrhundert von einem Botaniker erfunden und unter die Leute gebracht worden, als Medizin und zur Verdauungsförderung aus Feldfrüchten und Kräutern und Gewürzen aus der direkten Umgebung gebraut. Destilliert wird der Aquavit vor allem aus Kartoffeln, manchmal auch aus Getreide wie Weizen und Roggen. Ob in Norwegen, Dänemark oder Schweden, beim Würzen ist Kümmel die Nummer 1. Und natürlich hat jede Firma ihr eigenes Rezept und würzt zusätzlich mit Koriander, Kardamom, Kreuzkümmel und Anis und Kräutern wie Fenchel und Dill. Streng geheim versteht sich.